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Warum sterben uns die Bienen weg,...

28.08.2013

...was hat das für Auswirkungen und was kann man dagegen tun?

Am 27. August 2013 besuchte Dr. Franziska Brantner, Europaparlamentsabgeordnete und außenpolitische Sprecherin der Fraktion Grüne/EFA, das Café zur Bienenkönigin in Zimmern ob Rottweil. Der grüne Kreisverband Rottweil hatte zur Veranstaltung „Warum sterben uns die Bienen weg, was hat das für Auswirkungen und was kann man dagegen tun?“ geladen. Vom Kreisvorstand der Rottweiler Grünen waren Alexander Rustler, Sonja Rajsp und Winfried Praglowski anwesend, außerdem der grüne Kreisrat Reiner Hils.

Neben interessierten Bürgerinnen und Bürgern fanden sich im voll besetzten Café nicht nur Imker, sondern auch Landwirte ein.

Der Besitzer des Cafés, Rudolf Sauter, stellte kurz das Haus vor, das in ökologischem Lehmbau errichtet wurde, und ging dann auf die Bienen ein: Die Biene sei ein wundersames Wesen – äußerst anpassungsfähig und mit ungeahnten Talenten. So wurden Bienen schon auf Flughäfen eingesetzt, um Rauschgift aufzuspüren. Allerdings brauche diese Anpassung Zeit – und in der heutigen Welt der schnellen Wandel sei diese Zeit nicht mehr gegeben.

„Es fliegt nicht mehr viel“

Früher gab es in der Natur mehr von allem – auch von Insekten, die nach einer Autofahrt auf der Windschutzscheibe klebten. Nicht nur diese Insekten sind dezimiert, auch die Bienen. Wildbienen sind so gut wie gar nicht mehr vorhanden – aufgrund der Varroa-Milbe kann heutzutage kein Bienenvolk mehr ohne Imker überleben.

Warum sterben uns die Bienen weg?

Drei wichtige Faktoren kommen da zusammen: Durch Monokulturen fehlt die Blütenvielfalt. Alles blüht zur gleichen Zeit und die Bienen verhungern, wenn es vor und nach dieser Massenblüte nichts anderes zu bestäuben gibt. Zweitens macht die Varroa-Milbe den Bienenvölkern und Imkern zu schaffen. Und drittens werden die Bienen von Pestiziden, vor allem die Neonicotinoiden, die zum Pflanzenschutz in der Agrarwirtschaft verwendet werden, vergiftet.

Was hat das für Auswirkungen?

Die ökologischen Auswirkungen sind immens: Wenn die Bienen nicht mehr bestäuben, drohen je nach Pflanze wesentlich schlechtere Ernten bis hin zum Totalausfall – manche Pflanzen können von nichts anderem als Bienen bestäubt werden – sind keine Bienen da, gibt es auch keine Ernte.
Das Bienensterben hat somit nicht nur ökologische, sondern auch handfeste wirtschaftliche Folgen. Laut einer Studie des französischen Forschungszentrums CNRS kostet das Bienensterben die EU 200 Milliarden Euro pro Jahr.

Was kann man dagegen tun?

Ein wichtiger Schritt in die nach grüner  Meinung nach richtige Richtung wurde jetzt von der EU getan: Nach einer heftigen Debatte wurden drei Pestizide kürzlich von der EU verboten – gegen den Willen von Konzernen wie Bayer und nur auf viel Druck aus der Bevölkerung mitgetragen von der aktuellen Bundesregierung. Allerdings gilt dieses Verbot nur vorübergehend: in zwei Jahren wird neu entschieden.

Stichwort Vermaisung und Verrapsung: Von der Monokultur zurück zur bunten Vielfalt und Einhaltung der Fruchtfolge. Hier wurde die Diskussion lebhaft. Eine  von EU Kommissar Ciolos im Rahmen des "Greening" vorgeschlagene Maßnahme ist das Naturbelassen von Agrarfläche. 7% waren im Gespräch, jetzt sind noch 3% übrig. „Mit 3% können wir leben“, meinte ein anwesender Landwirt - aber wahrscheinlich nicht ausreichend für Artenvielfalt. Frau Dr. Brantner berichtete über einen weiteren grünen Vorschlag, die Förderung von landwirtschaftlichen Betrieben auf 100.000 Euro pro Jahr zu deckeln. Das hätte allein in Deutschland in der nächsten zu verhandelnden Periode (7 Jahre) eine Ersparnis von 8 Milliarden Euro gebracht (es gab eine kurze Verwirrung über die Höhe der Zahlen – es sind tatsächlich 8 Mrd. bei einer Deckelung von 100.000 Euro, die Studie können Sie hier downloaden). Dies wurde jedoch unter Federführung der deutschen Landwirtschaftsministerin, Ilse Aigner, abgelehnt. Auch eine Deckelung auf 300.000 Euro pro Jahr konnte nicht durchgesetzt werden. Diese hätte 3,5 Milliarden Ersparnis in Deutschland gebracht. Durch die Deckelung wären kleine Landwirtschaften stärker gefördert worden und große Agrarbetriebe, die ja vor allem für die Monokulturen verantwortlich sind, weniger subventioniert worden.

Auch die momentan laufenden Verhandlungen für das Abkommen zur europäisch-amerikanischen Freihandelszone kamen zur Sprache. Die Grünen drängen darauf, dass in dieser Freihandelszone vor allem bei der Landwirtschaft EU-Regeln gelten, um dem Import von z. B. nicht gekennzeichneten genmanipulierten Produkten zu entgehen.

„Rent a bee“

Winfried Praglowski, Mitglied des Kreisvorstands der Grünen Rottweil, schlug vor, dass Privatpersonen Bienenvölker „mieten“ könnten, die dann von den Imkern im Garten aufgestellt und betreut werden, sodass die Bienen neuen Lebensraum hätten und man auch als Laie stolzer Mieter eines Bienenstockes sein könne. Dies wurde von den anwesenden Imkern abgetan. „Das können Sie gar nicht bezahlen“, war der Tenor.

Die Imkerei gehört zur Landwirtschaft dazu

Die zwischenzeitlich sehr lebhafte Diskussion fand ein versöhnliches Ende, als Herr Sauter feststellte, dass die Imkerei ein Teil der Landwirtschaft sei. „Es kann nur ein Miteinander geben.“ Daraufhin lobte einer der anwesenden Landwirte die sehr sachlich geführte Diskussion, worauf Herr Sauter spontan antwortete „Das liegt an den Teilnehmern!“.

Das Thema Imkerei & Landwirtschaft musste dann abgebrochen werden, um noch Zeit für den zweiten Tagesordnungspunkt zu haben, die Erstellung des Cafés in ökologischer Lehmbauweise. Die Architektin Frau Marianne Wucher erzählte, wie der Plan entstand, natürliche Baustoffe (Holz, Lehm) zu verwenden. Die integrierte Wandheizung wird mit Pellets beheizt, die Fensterfront ist dreifach verglast, der Boden besteht aus geölter Esche und die Decke aus Schwarzwälder Holzbalken. So konnte die Energiebilanz von 25 kwh/qm auf 4kwh/qm pro Jahr gesenkt werden.  Sollte das Café je rückgebaut werden – alle Materialien sind gut zu entsorgen, nichts müsste (wie oft bei herkömmlicher Bauweise)als Sondermüll deklariert werden. Aber vom Rückbau sind wir zum Glück weit entfernt – wir freuen uns auf viele schöne Jahre Café zur Bienenkönigin!

Zweieinhalb Stunden waren im Nu um, und schon ging’s für Frau Dr. Brantner wieder zum Bahnhof. Franziska, vielen Dank für Deinen Besuch, es war interessant, spannend, informativ!

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